Eine Krebsdiagnose verändert immer das Leben. Für junge Frauen und Männer im gebärfähigen Alter bringt sie jedoch noch eine weitere, sehr persönliche Sorge mit sich – das Risiko, ihre Fruchtbarkeit zu verlieren. Glücklicherweise bietet die moderne Medizin verschiedene Möglichkeiten. Der Bereich der Onkofruchtbarkeit verbindet Onkologie und Reproduktionsmedizin und hilft Patienten, ihre Chance auf eine eigene biologische Nachkommenschaft auch nach einer Krebsbehandlung zu bewahren.
Was ist Onkofruchtbarkeit?
Onkofruchtbarkeit ist ein spezialisiertes medizinisches Fachgebiet, das sich auf die Erhaltung der Fruchtbarkeit von Patienten konzentriert, die sich einer Krebsbehandlung (z. B. Chemotherapie, Strahlentherapie oder Operation) unterziehen. Diese Behandlungen sind oft lebensrettend, können jedoch die Fortpflanzungsfähigkeit irreversibel schädigen.
Typische Patienten sind:
- Frauen mit Brustkrebs, Lymphomen oder Eierstocktumoren
- Männer mit Hodenkrebs oder Hodgkin-Lymphom
- Kinder mit Leukämie oder anderen bösartigen Tumoren vor der Pubertät
Optionen zur Erhaltung der Fruchtbarkeit
Dank wissenschaftlicher Fortschritte können wir heute Eizellen, Spermien oder Fortpflanzungsgewebe für eine spätere Verwendung konservieren:
Für Frauen:
Eizellen einfrieren (Oozytenkryokonservierung) – ideal für alleinstehende Frauen
Embryonen einfrieren – für Frauen mit einem männlichen Partner oder Spender
Eierstockgewebe einfrieren – eine Option für Mädchen vor der Pubertät oder wenn die Behandlung sofort beginnen muss
Für Männer:
Einfrieren von Sperma – eine einfache und hochwirksame Methode
Konservierung von Hodengewebe – eine experimentelle Technik für präpubertäre Jungen, die noch kein Sperma produzieren
Das Timing ist entscheidend
Bei der Onkofruchtbarkeit zählt jeder Tag. Zwischen der Diagnose und dem Beginn der Krebsbehandlung bleibt oft nur ein kurzes Zeitfenster – manchmal nur wenige Tage oder Wochen. Deshalb ist eine schnelle und zuverlässige Koordination und der Transport von biologischem Material (zu oder von Fertilitätszentren) unerlässlich.
Was sagt die Forschung?
Studien zeigen, dass die Erhaltung der Fruchtbarkeit keinen negativen Einfluss auf den Verlauf der Krebserkrankung hat. Einige Forschungsergebnisse deuten sogar darauf hin, dass das Angebot von Onkofruchtbarkeitsoptionen das emotionale Wohlbefinden und die Behandlungsmotivation der Patienten verbessern kann (Letourneau et al., 2012).
Darüber hinaus können Frauen, die sich einer Fruchtbarkeitserhaltung unterziehen, in einigen Fällen später IVF-Erfolgsraten erzielen, die mit denen von Frauen ohne Krebserkrankung in der Vorgeschichte vergleichbar sind (Dolmans et al., 2016).